Man darf schlau, sexy oder schlau und sexy gleichzeitig sein? Beides ist erlaubt!
Sie betritt den Besprechungsraum: Eine Frau, große, braune lange Haare, die zu einem strengen Zopf gebunden sind. Sie trägt einen der weiblichen Form angepassten Nadelstreifenanzug mit einer weißen Bluse und einer silbernen Brosche. Die hohen schwarzen Schuhe machen sie noch einmal knapp zehn Zentimeter größer. „Das muss die neue Anwältin sein“, tuschelt es bereits aus einer Ecke. Ihr professionelles Auftreten und die mitgebrachten Unterlagen, die sie mit Stolz unter dem Arm getragen hat, bestätigen diese These.
Als sich diese junge selbstbewusste Dame der Runde jedoch vorstellt, wird klar: Sie ist keine Anwältin – zumindest noch nicht. Bei der jungen Frau handelt es sich um die neue Werkstudentin, die in ihrer Zeit in Reihen der Partnerinnen und Partner der großen Kanzlei viel dazu lernen möchte. Genau das ist ein typisches Beispiel für den altbekannten, aber auch heute noch gültigen Satz: „Kleider machen Leute“. Doch viele Frauen trauen sich heute nicht mehr, sich genauso anzuziehen, wie sie sich selbst wohlfühlen.
Seit Jahren sind gesellschaftliche Faktoren dafür verantwortlich, dass eine Denkweise entstanden ist, die aussagt, dass Frauen entweder schlau oder sexy sein dürfen. Warum das nicht so ist und warum beides hervorragend funktioniert, weiß die Stylistin, Image Makerin und Visual Branderin Swetlana Posdnyschewa und erklärt in einem exklusiven Gastbeitrag, warum genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, beide Tugenden wieder zu kombinieren.
„Kleider machen Leute“ – stimmt das?
Eine große deutsche Bank hat einmal einen Versuch gestartet: Während sich die erfahrenen Angestellten einer Filiale mit Jeans und Pullover gekleidet haben, durften sie sich Auszubildenden mit Anzug sowie Hemd oder Bluse präsentieren. Nach einer Woche konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter feststellen, dass Kundinnen und Kunden sich eher an die Auszubildenden gewandt haben, um ihre finanziellen Fragen zu klären. Und obwohl diese noch nicht ausgelernt waren und entsprechend auch nicht das Wissen hatten, wurden sie allein aufgrund ihrer Kleidung als kompetenter wahrgenommen.
Genau das erfährt auch Swetlana Posdnyschewa im täglichen Leben. Wenn sie eben noch schnell zum Supermarkt um die Ecke geht, um Fisch für ein leckeres Abendessen zu besorgen, wird sie, je nachdem, was sie gerade trägt, völlig anders wahrgenommen und auch behandelt. Ist es der Jogginganzug, weil sie direkt nach dem Haushalt los ist, bekommt sie den Fisch eingepackt und darf sich noch eines „Schönen Tag noch“ erfreuen. Kommt sie allerdings gerade von einem Kundentermin und trägt entsprechend angepasst Kleidung, die in Harmonie mit ihrem Make-up steht, würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter der Theke den Fisch sogar filetieren, ein Rezept vorschlagen und diesen in mundgerechte Stücke zerteilen.
Die Welt empfängt genau die Signale, die wir versenden
Die Wahrnehmung, die wir nach außen tragen, sind auch genau die Reaktionen, die man uns zurückgibt. Fühlt sich eine Frau also wohl mit dem, was sie trägt, wird sie auch entsprechend wahrgenommen und behandelt. Doch leider ist genau diese Regel nur eine Seite der bekannten Medaille. Ein weit in der Gesellschaft verankerter Gedanke sagt aus, dass Frauen entweder sexy oder intelligent sein können. Zieht sich eine Frau selbstbewusst an, wird sie also sofort in die Schublade gesteckt, sie könne nichts im Kopf haben. Diese Missgunst führt dazu, dass sich viele Frauen entsprechend hinter traurigen Farben, langweiliger Kleidung und einfachen Frisuren verstecken, nur um mit ihrer Denkweise wahrgenommen zu werden. Doch warum geht nicht beides? Wer sagt, dass eine Professorin keine hohen Schuhe tragen darf? Müssen es immer die orthopädisch korrekten Turnschuhe sein?
Dieser weitverbreitete Irrtum, der sich vor allem in europäischen Ländern etabliert hat, sorgt dafür, dass sich viele Frauen nicht mehr so zeigen, wie sie es gerne würden. Doch diese Angst führt zu einer Wahrnehmung für sich selbst, die nichts mehr mit dem eigenen Charakter zu tun hat und nur ein gesellschaftliches Spiegelbild darstellt, welches erwartet wird.
Frauen sollten daher wieder anfangen, sich wohlzufühlen und genau das zu tragen, was ihnen gefällt, steht und worin sie sich wohlfühlen. Hierbei spielt es überhaupt keine Rolle, welchen Bildungsabschluss, Beruf oder gesellschaftlichen Stand sie haben. Nur die Außenwirkung zählt. Darf es also ein wenig ausgefallen sein? Ja, bitte!
Swetlana Posdnyschewa ist Stylistin, Image Maker und Visual Brander. Sie arbeitet hauptsächlich mit Dienstleistern, um deren Auftreten auf den Punkt zu bringen und somit die richtigen Kunden und Partner zu gewinnen. Titelbild PD
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